Nebenklage

Der Fremdkörper der Nebenklage     29.08.2017                                                                                                                                                                  
Reformpläne für das Strafverfahren

Ein gemeinsamer Anwalt für Nebenkläger, ein neues Beschwerdeverfahren, strengere Voraussetzungen für Revisionen – Die Strafrichterschaft fordert für die kommende Legislaturperiode weitere Reformen der Strafprozessordnung.

Nebenkläger sollen in großen Verfahren nur noch einen gemeinsamen Rechtsbeistand erhalten, wenn sie "gleichgelagerte Interessen" verfolgen – etwa wenn es sich um die Familienangehörigen eines Opfers handelt. Bisher können sich etwa Ehepartner, Kinder und Geschwister eines Opfers auch durch jeweils eigene Rechtsanwälte vertreten lassen. Bei Verfahren mit vielen Opfern – wie dem NSU-Verfahren oder demnächst dem Loveparade-Prozess in Düsseldorf – könnte damit die Zahl der Nebenklagevertreter eingeschränkt werden.

Zudem sollen künftig Verzögerungen der Hauptverhandlung durch Befangenheits- und Beweisanträge verringert werden. So solle diese für mindestens zwei Wochen fortgesetzt werden können, während über einen Befangenheitsantrag entschieden wird. Zudem dürften Beweisanträge nicht mehr "ins Blaue hinein" gestellt werden. Zudem solle verhindert werden, dass ein Urteil aufgehoben wird, weil das Gericht nicht richtig besetzt war. Soweit der Angeklagte Fehler bei der Besetzung rügt, solle deshalb ein Beschwerdegericht vorab eine Entscheidung treffen, die dann für die nächste Instanz bindend ist.Auch die Revision soll nach dem Dafürhalten der Richter strenger gehandhabt werden. Bisher müssen die Strafverteidiger eine Revision zwar ausführlich begründen, wenn es um Verfahrensfehler geht. Rügen sie die Verletzung materiellen Rechts, ist jedoch keine Begründung erforderlich. Der Strafkammertag will hier ähnliche hohe Anforderungen an die Begründung wie bei der Verfahrensrüge.

Sogar das Verschlechterungsverbot solle nicht greifen, wenn ein Angeklagter ein Geständnis widerruft, nachdem sich das Gericht mit den Verfahrensbeteiligten auf eine Verständigung geeinigt hat – das heißt, hier könnte dann auch eine höhere Strafe in Betracht kommen.

Während die Nebenklage gänzlich aus dem Strafverfahren ausgelagert werden sollte, um die Staatsanwaltschaft nicht waffenungleich zu stärken und die Unschuldsvermutung zu untergraben, bleibt zu hoffen, dass diese Reformvorschläge sich nicht realisieren lassen, da sie letztlich überwiegend die verfassungsrechtliche Garantie auf effektiven Rechtschutz des Beschuldigten nicht hinreichend berücksichtigen und erschweren. Neuer Text
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